Wort des Monats: nicht

„Nicht schon wieder. Nein, das wollen wir nicht.“ 🙅🏼🚫
So oder so ähnlich klingt es, wenn wir im Alltag eine klare Grenze ziehen. Das kleine Wörtchen „nicht“ ist aus unserem Sprachgebrauch kaum wegzudenken. Doch wusstest du, dass es im Schweizerdeutschen eine erstaunliche Vielfalt an „nicht“-Formen gibt?
Die Geschichte von „nicht“
Das deutsche „nicht“ hat eine lange Geschichte: Es stammt vom althochdeutschen „niowiht“ oder „niwiht“ ab – eine Kombination aus „ni“ (Negationspartikel), „je“ und „Wicht“ (Wesen, Ding). Ursprünglich bedeutete es also „kein Wesen“ oder „kein Ding“. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich daraus das mittelhochdeutsche „niht“, „niuweht“, „niuwet“ oder „niut“. Besonders spannend: In diesen alten Formen spiegelt sich die Entwicklung der deutschen Sprache wider, und viele dieser Varianten haben bis heute Spuren in den Dialekten hinterlassen.
Die „nicht“-Formen in der Deutschschweiz
In der Schweiz ist „nicht“ keineswegs überall gleich. Je nach Region und Dialekt begegnet uns eine bunte Palette an Varianten:
Osten der Schweiz: „nüüd/nüd“ und „nööd/nöd“: Im Osten der Deutschschweiz, etwa in Zürich oder St. Gallen, hört man oft „nüüd“ oder „nüd“, manchmal auch „nööd“ oder „nöd“. Der Vokal ist hier besonders auffällig: ein langes ü oder ö, meist gefolgt von einem -d oder -t. Manchmal verschwindet der Konsonant am Ende sogar ganz, ähnlich wie im deutschen „nich“.
Innerschweiz und Berner Oberland: „niid/niit“ und „ned/net“: In Regionen wie der Innerschweiz, dem östlichen Berner Oberland, dem Wallis und in Walserorten haben sich Formen wie „niid“, „niit“, „ned“ oder „net“ entwickelt. Hier spricht man von einer Entrundung: das ü oder ö wird zu einem i oder e.
Reduzierte Formen: „ni“ und Co.: In manchen Regionen wird das „nicht“ auf ein einfaches „ni“ verkürzt, ganz ähnlich wie die historische Negationspartikel „ni“. Diese Reduktion zeigt, wie flexibel Sprache sein kann.
Sonderformen: „it“, „iid“, „ööd“: Manche Gebiete, etwa das Fricktal oder das Bodenseegebiet, kennen ganz eigene Formen wie „it“, „iid“ oder „ööd“. Diese sind das Ergebnis von sogenannten falschen Wortabtrennungen und finden sich auch in süddeutschen Dialekten.
Sprache als Identität: Mehr als nur ein „nicht“
Die Vielfalt der „nicht“-Formen ist mehr als ein linguistisches Kuriosum – sie ist ein Stück Identität. Wer genau hinhört, kann oft schon an der Art der Verneinung erkennen, ob jemand aus Zürich („nöd“), Winterthur („niid“) oder vielleicht aus dem Fricktal („it“) stammt. Im Alltag sorgt das nicht selten für ein Schmunzeln und manchmal auch für Missverständnisse.